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 Gleiches Bier für alle! 

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#kampagne

Die Kampagne

Die Quartiermeister*in möchte ein Zeichen gegen Sexismus in der (Bier)werbung setzen. Auf unseren Bierflaschen wird ab Ende Juli zu 50% eine Frau zu sehen sein. Beide Figuren werden mit einem Gendersternchen versehen. Die Änderung unserer Etiketten ist aber nur ein Teil einer größeren Kampagne.

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12 Dec / #förderung#engagement

Die Schilleria darf bleiben - Das Misstrauen auch!

Gemeinsam zitterten wir mit dem Mädchenzentrum und unserem geförderten Projekt um dessen Zukunft. Nachdem die Schilleria Mitte September eine Kündigung vom Vermieter erhielt, sowie die Aufforderung, die Räume auf der Weisestraße bis Ende Dezember zu verlassen, schien die Zukunft des sozialen Trägers ungewiss. Nach langwierigen Verhandlungen, einem großen Presseecho und der Solidarität von Nachbar*innen und Stadträten ist seit gestern gewiss: Die Schilleria darf für mind. 5 Jahre an ihrem Standort bleiben. Doch die Sorge um Verdrängung in einer wachsenden Stadt wie Berlin wird weiter bestehen. Wie können sich soziale Projekte in Gewerberäumen mit stark steigenden Mieten halten?

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Sinaya Sanchis, die Leiterin des Mädchenzentrums, das seit 15 Jahren mitten im Schillerkiez der soziale und empowernde Treffpunkt für Mädchen aus der Nachbarschaft ist, darf aufatmen. Am Montag wurde gemeinsam mit dem Jugendstadtrat Falko Lieke (CDU) verkündet, dass es zu einer Einigung mit dem Eigentümer gekommen ist. Über die Höhe der neuen Miete ab Januar wird Stillschweigen gewart, aber die Deckung der Mietkosten kann durch Unterstützung des ansässigen Neuköllner Jugendamtes gestemmt werden.

Im Juli erhielt das Mädchenzentrum, das Quartiermeister schon mehrmals mit einzelnen Projekten unterstützt hatte, die Zusage für unsere Sonderförderung. Mit den 2500€, die im Zuge der Quartiermeister*in-Kampagne zusätzlich an ein Projekt aus dem Bereich Gender & Gleichstellung vergeben wurde, wollte das Mädchenzentrum Computer und Photoshop-Lizenzen erweben, mit denen ein Workshop-Programm zum Thema Selbst- und Fremdwahrnehmung umgesetzt werden sollte. Wie werden Bilder in der Werbung und in Magazinen verändert? Wie können wir als Mädchen über den Schönheitsidealen & Körpernormen dieser Gesellschaft stehen? Wie nehmen wir uns selbst wahr, wie stellen wir uns dar? Das sind nur einige der Fragen, denen in dem Workshop nachgegangen werden soll, die Tricks & Kniffs von Photoshop werden dabei ganz nebenbei gelernt. Aufgrund der unsicheren Lage des Mädchenzentrums, kann dieser Workshop erst im nächsten Jahr umgesetzt werden.

Aufgeschoben ist ganz klar nicht aufgehoben. Aber was für diesen Workshop gilt, lässt sich leider nicht auf die sozialen Initiativen der Haupstadt übertragen. Die Schilleria ist nicht die einzige Initiative, die in Neukölln von steigenden Mieten und Gentrifizierung besonders betroffen ist.

Denn während der Mietspiegel mittlerweile bei Wohnungen greift, sind Gewerbeflächen von dieser Regelung komplett befreit.

Diese Lücke trifft insbesondere soziale Einrichtungen, Kleinunternehmer*innen, Kinderläden oder Ateliers die sich die Verdreifachung ihrer Quadratmeterpreise durch Sanierung und “Aufwertung” schier nicht leisten können. Gleichzeitig werden aufgrund des Zuzugs vermehrt Gewerberäume in Wohnräume umgewandelt. So werden aus Hinterhofwerkstätten Luxuslofts. Grund? Bei Gewerberäumen greift ebenfalls nicht der Milieuschutz. So wird fleißig saniert, nachträglich umgewandelt und ein horrender Preis verlangt - ein leichtes Spiel…

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Sollte die Politik in den nächsten Jahren nicht lenkend eingreifen, ist die Vielfalt des Bezirks immens gefährdet. Die Zahl von Eigentümer(gesellschaften), die sich nach einem anderen Kriterium als sprudelnder Liquidität orientieren, lässt sich zunehmend an einer Hand abzählen.

Doch wer den Kiez am ehesten bereichert, ist sicher nicht die Person, die am meisten bietet. Welchen Wert haben kooperative, gemeinnützige und wohltätige Ansätze?

Schon jetzt leidet der Kiez unter weserstraßenähnlichen Kneipenmeilentendenzen. Doch der Fall der Schilleria zeigt: Wehren und Verhandeln lohnt sich. Nicht nur in Neukölln, sondern auch bei uns in Kreuzberg, auf der Oranienstraße. Mit der Zeit hat sich in Kreuzberg36 ein Klima der gemeinsamen Solidarität und des brennenden Aktivismus entwickelt, um genau das aufrecht zu erhalten, was diese Stadt so besonders macht. Wir wünschen der Schilleria und allen anderen sozialen Einrichtungen in Berlin für ihre Zukunft alles Gute und bleiben bei unserem Credo: Kiez statt Kies!

Autorin: Lisa Wiedemuth

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11 Dec / #werbung

Bierernst - Wir reden Tacheless

Nun haben wir uns ewig über Klischees und Geschlechterstereotypen in der Werbung aufgeregt, aber welches Verhältnis haben Frauen denn nun wirklich zu Bier? In Zusammenarbeit mit Notanotherwomanmag haben wir uns mit engagierten Biertrinker*innen zusammengesetzt und ehrlich über unsere “Vorlieben” und Erwartungen gesprochen. Eine Aufzeichnung des Gesprächs:

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Trinken eure Mütter Bier?

Lena: Ja, meine Mama trinkt Weißbier. Und manchmal auch normales Bier.

Jana: Liegt das an der Regionalität?

Lena: Ich denke, es ist eher Gewohnheit. Meine Mutter ist Chilenin und hat früher eher Wein statt Bier getrunken. Aber da mein Vater Deutscher ist, und weil er sehr gern Weißbier trinkt, ist sie über die Jahre auf den Geschmack gekommen.

Lisa: Meine Mutter trinkt ein Bier und sagt danach, dass sie jetzt aufpassen müsse. Sie trinkt Alkohol, aber sehr, sehr aufmerksam.

Sophia: Das gilt auch für meine Mutter. Ich denke, dass man die Abende, an denen sie mal beschwipst war, an einer Hand abzählen kann. Und Bier trinkt sie schon mal gar nicht.

Jana: Woran liegt es, dass sie kein Bier trinkt?

Sophia: Ich vermute, weil es ihr nicht schmeckt. Meine Mutter gehört zu den Menschen, die einmal was probieren und wenn es ihnen nicht schmeckt, dann probieren sie es nicht noch einmal.

Ulli: Meine Mutter trinkt auf jeden Fall Bier. Und das auch gern. Wenn sie aber die Wahl hätte, würde sie lieber Wein trinken.

Lisa-Mareike: Ich habe meine Mutter noch nie Bier trinken sehen.

Jana: Das stimmt. Unsere Mutter [Anm. d. Red.: Lisa-Mareike & Jana sind Geschwister] trinkt lieber Süßes oder mal einen Wein. Aber generell wird in unserer Familie wenig Alkohol getrunken. Unser Vater trinkt wie Lisa-Mareike gar keinen Alkohol. Und auch unsere Mutter ist tatsächlich noch so aufgewachsen, dass es sich als Frau nicht gehört Bier zu trinken.

Ulli: Das Biertrinken ist schon sehr männerdominiert, oder? Dieses Klischee hat man schon irgendwie im Kopf.

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Christin: Das bringt mich direkt zur nächsten Frage. Wie wird in eurem Freundeskreis Bier getrunken?

Ulli: Bei uns auf jeden Fall pro Bier.

Lisa & Lena: Bei uns auch.

Ulli: Das wird allerdings, je länger der Abend wird, anders. Ich kenne vor allem Männer, die sagen, sie können nicht den ganzen Abend sieben, acht Bier trinken. Dann brauchen sie schon was anderes. Einen Longdrink zum Beispiel.

Christin: Ich kenne es tatsächlich anders. Gerade die Männer bleiben nur bei Bier.

Sophia: Ich möchte noch mal auf die Sozialisierung zu sprechen kommen.

Es mag daran liegen, dass ich in München aufgewachsen bin, aber in meiner Generation war und ist es völlig normal, dass Frauen und Mädchen ab 16 Jahren Bier trinken.

In meinem Freundeskreis ist es jetzt tatsächlich 50/50. Mit dem Alter ändern sich auch die Gewohnheiten und man trinkt jetzt mal einen guten Wein, ein gutes Craft Beer. Früher in Jugendtagen war es das Augustiner. Weil es das günstigste Bier war.

Lisa: Das „Wegbier“ halt.

Jana: Oh ja stimmt! Genau es gibt eigentlich nur Wegbier, keinen Wegwein. Oder?

Ulli: Also ich kann mir nicht vorstellen, mal schnell von A nach B mir einen halben Liter Wein reinzupfeifen. Das liegt ja auch am Alkoholgehalt. Mich macht Wein auch immer müde.

Sophia: Übrigens ganz spannend: Mein Freund ist Isländer und dort hatten sie im 20. Jahrhundert, wie auch in Amerika, eine Prohibition. Alkohol wurde irgendwann komplett verboten. Und so war Bier sogar bis 1989 verboten, weil es so einen niedrigen Alkoholgehalt hat und dadurch die Schwelle zum Alkoholismus als gering eingestuft wurde. Und mein Freund meinte schon, dass es dort – im Gegensatz zu hier – verpönt ist, jeden Tag sein Feierabendbier zu trinken. Dort würde man schon als Alkoholiker abgestempelt werden.

Lena: In Bayern wird Bier ja tatsächlich als Grundnahrungsmittel angesehen.

Sophia: Sehr emotionales Thema jedenfalls.

Jana: Was macht ein gutes Bier für euch aus?

Lena: Es muss Kohlensäure haben, aber nicht zu viel. Und ich mag süßliches Bier.

Ulli: Entweder herb oder würzig-süß.

Sophia: Ich bin in letzter Zeit experimentierfreudiger geworden. Gerade was so Craft Beer angeht.

Christin: Gibt es typische Biertrinker?

Sophia: Ja, auf alle Fälle. Ich war letztens im BrewDog in Mitte, der neue Craft Beer Laden. Das ist wie die Eisdiele für ausgewachsene Männer nur mit Bier. Dort kann man sich an vielen kleinen Zapfhähnen Probierproben holen, um das mal zu kosten und klar, sind das auch Stereotypen, die da arbeiten.

Es ist schon der leicht untersetzte, bärtige Mann Mitte 30, der sich für Craft Beer interessiert. Das ist für mich der typische Berliner Biertrinker.

Jana: Ich muss sagen, dass sich das Bild über die Jahre ganz schön verändert hat. Früher dachte ich auch, es gibt so die typischen Biertrinker. Sowohl bei Männern, als auch bei Frauen. So Frauen, die etwas derber sind, trinken halt Bier. Bis ich gemerkt habe, ich trinke ja auch gern mal ein Bier und bin ja gar nicht so derbe. Heute könnte ich nicht mehr zehn Leute dahin stellen und sagen, ok du trinkst Bier und du nicht.

Ulli: Also hätte mir diese Frage jemand vor zehn Jahren gestellt, hätte ich auch gesagt, dass es etwas typisch Männliches ist.

Christin: Warum soll Biertrinken etwas typisch Männliches sein?

Ulli: Wenn ich mich an Familienfeiern zurückerinnere, dann haben die Männer Bier getrunken und die Frauen Wein.

Lisa: Die Frauen werden auch gar nicht gefragt. Das merke ich immer wieder.

Die Biergläser stehen bei unseren Familienfeiern erstmal nur bei den Männern auf dem gedeckten Tisch.

Jana: Ich kenne übrigens total viele Männer, die kein Bier trinken.

Sophia: Ja genau, ich kenne auch welche, die vor allem wegen ihrer Linie kein Bier mehr trinken.

Lisa-Mareike: Ich erinnere mich, als ich noch Alkohol getrunken habe, dass viele zu mir meinten, dass es gar nicht zu mir passen würde, dass ich Bier trinke. Da habe ich mich schon gefragt: Häh, wie sehe ich denn aus?

Jana: Viele sind überrascht, dass ich ein Bier mit dem Feuerzeug aufmachen kann. Dann erhalte ich auch solche Reaktionen, dass ich nicht so aussehen würde. Strange.

Ulli: Aber warum ist das so, dass Frauen eher was trinken, das süßer ist? Ist das  in unseren Geschmacksnerven begründet?

Christin: Ha, ich habe dazu recherchiert: Wollt ihr aktuelle Marktzahlen hören?

Alle: Ja!

Christin: Das beliebteste alkoholische Getränk von Frauen ist Bier.

Jana: Ernsthaft?

Christin: Ja, mit 48%. Die Studie kam 2015 heraus und ist vom Deutschen Brauer Bund e.V. Und bezüglich der  verschiedenen Geschmacksrichtungen, also all die süßen Biersorten und Biermischungen, Stichwort „Frauenbier“, habe ich auch ein paar Facts:

Mit großem Abstand, mit 51%, ist das Pils das beliebteste Bier bei Frauen. Erst mit 16,2% folgt das Weizenbier, danach mit 4,8 % Schwarzbier und Biermixgetränke sind nur auf Rang Vier mit 3,2%. Da frage ich mich doch ernsthaft: Warum spricht die Bierwerbung uns Frauen nicht an – oder tut sie das doch?

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Jana: Ja, das frage ich mich auch. Gerade wenn ich an die typischen Marken wie Becks, Jever und so denke, sind immer nur Männer in den Spots. Es ist auch immer ein männlicher Sprecher, ein Mann als Testimonial.

Lisa: Jever hat es tatsächlich schon geändert. Da saßen die Hälfte Männer, die andere Hälfte Frauen am Strand und haben gepicknickt.

Sophia: Es ist also noch nicht so, dass die Frau alleine an den Strand geht und ein Bier trinkt.

Jana: Fühlt ihr euch von Bierwerbung angesprochen?

Ulli: Ich erinnere mich gar nicht groß an Bierwerbung. Nur an die mit der Yacht. Becks. Und die mit dem Wald und dem See – wie hieß das Bier nochmal?

Lisa: Krombacher.

Sophia: Ich finde das spannend.

Und für mich wirft es die Frage auf, ob wir Frauen nur als Mitläuferkonsumentinnen gesehen werden.

Das erinnert mich an das Beispiel aus der Dokumentation „Miss Representation“, wo es um Fernsehformate geht. Darin wird dargestellt, dass aufgrund von Studien, die besagen, dass Frauen sowieso fernschauen, egal was, die meisten TV Formate für Männer zwischen 30 und 40 entwickelt werden. Und wenn man sich auf dieser These die deutsche Medienlandschaft anschaut, wird einem einiges klar. Vielleicht ist das auch bei Bier so, dass gedacht wird, dass Frauen nur mitkonsumieren. Aber die Entscheidung der Mann trifft und die Frauen dies nicht hinterfragen.

Jana: Ich muss für mich sagen, dass ich weniger Werbe- denn vielmehr ein Verpackungsopfer bin und Quartiermeister*in schon auch aufgrund der Verpackung kaufen und trinken würde. Ich denke daher schon, dass, wenn Frauen aktiver angesprochen werden würden, sie auch aktiver dieses oder jenes Produkt kaufen würden.

Ich würde es super spannend finden, wenn eine der großen Biermarken mich als Konsumentin anspricht. Aktuell fühle ich mich Null angesprochen von Bierwerbung.

Christin: Genau! Stellt euch vor ihr seid Werbefilmproduzentin – wie sollte ein Werbefilm für Bier eurer Meinung nach aussehen?

Lena: Also für mich ist Bier in erster Linie ein soziales Getränk. Ich würde beispielsweise nie auf die Idee kommen, wenn ich zuhause alleine bin und mir Essen zubereite, mir dazu noch ein Bier aufzumachen und zu trinken. Für mich ist das etwas, was ich mit Sommer, draußen sein, Geselligkeit verbinde.

Sophia: Ja, irgendwie so ein Belohnungsmoment. Das Feierabendbier nach getaner Arbeit. Ein Belohnungs- oder Erfrischungsmoment.

Christin: Vieles was ihr sagt, sehe ich auch so. Für mich ist Biertrinken ein Gefühl. Ein Gefühl nach Sommer. In meinem idealen Bierwerbespot stelle ich mir in jedem Fall eine Sommerkulisse vor und dass verschiedene Szenen gezeigt werden. Dass sich Freunde aller Farben und Geschlechter verabreden und man sieht aus welchen Situationen sie gerade herkommen und sich am Ende im Park treffen und gemeinsam Bier trinken.

Lena: Ja, es ist wichtig Vielfalt zu zeigen. Nicht nur einen Typ Mann und einen Typ Frau.

Christin: Ja ich würde tatsächlich auf Rollen gehen, nicht so sehr auf Geschlechter. Gerade auf dem Weg zu unserem Treffen ging mir schon durch den Kopf, dass ich heute hier ja als Mutter mit dem Kind komme und mit euch Bier trinke. Ich habe mich schon gefragt, wie ihr das findet? Ich muss sagen, dass ich die Erfahrung gemacht habe, wenn mein Freund mit Bier und Kinderwagen durch den Kiez zieht, es als cool angesehen wird. Wenn ich das tue, doch eher kritisch. Und es wird getuschelt. Werbung kann solche Gedanken aufbrechen.

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Jana: Kommen wir zur letzten und relevantesten Frage für heute: Braucht es gegendertes Bier?

Sophia: Braucht es eine Frauenquote? Ja, auf jeden Fall braucht es das. Und wenn es nur dazu da ist, Anstoß zu geben und dass wir darüber reden. Nur so kann es zu einem Paradigmenwechsel kommen, so dass vielleicht eine große Biermarke oder sogar die Gesellschaft sich ändert.

Lisa-Mareike: Auch wenn ich selbst keine Biertrinkerin bin, glaube ich schon, dass es für meine Freundinnen, die Bier trinken gut und wichtig ist, dass sie auch mit dem Produkt und der Werbung angesprochen werden. Vor allem, dass mehr Vielfalt gezeigt wird.

Ulli: Mein Gefühl sagt, auch ja. Und ich hoffe, dass Biermarken diese Männerprägung immer mehr aufbrechen. Dass alle gerne Bier trinken und dies auch so darstellen. Ich muss schon sagen, als ich das Logo mit der Quartiermeisterin gesehen habe, ist mir schon aufgestoßen, dass es eine junge, alternative Frau ist und keine Durchschnittsfrau. Versteht ihr was ich meine?

Lisa: Wie hätte sie denn eurer Meinung aussehen sollen? Wir hatten lange diskutiert und hatten einige Frauen. Eine mit Afro, eine mit Pony und längeren Haaren, usw. Wir haben uns für diese Frau entschieden, weil sie auf uns so selbstbewusst wirkte. Eine Frau, die weiß, was sie will.

Jana: Ja, auf mich wirkt sie auch wie eine starke Frau. Die Quartiermeisterin halt.

Christin: Soll ich das mal in einem Satz zusammenfassen?

Braucht es ein gegendertes Bier? Nein, wenn es um den Geschmack geht, aber ja, wenn es um die Kommunikation von Bier geht. Einverstanden?

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v.l.n.r.: , Christin, Lena, Sophia, Jana, Ulrike, Lisa-Mareike, Lisa

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07 Nov / #engagement#werbung

Aber sowas von dagegen - Astra Contra geben!

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Dies Irae HAT nicht nur, sondern TUT auch was dagegen! Wer unseren Adbustingworkshop im Juli in den Prinzessinnengärten besucht hat, weiß mittlerweile wie einfach es ist, Werbung im öffentlichen Raum zu entfremden. Effektiv, aber ausreichend?

Nach dem Start unserer Kampagne im Sommer, in der wir auch explizit die “kreative Arbeit” von Astra kritisierten, donnerte uns exakt einen Monat danach direkt neben unserem Büro auf der Oranienstraße die neue Werbekampagne der Biermarke entgegen. Hat sich also immernoch nichts geändert, fein. Dabei ließ die Firma bei einem Radiointerview zwei Jahre zuvor verlauten, ihre Werbestrategien etwas abseits von Rollenklischees und Diskriminierung zu entwickeln. Denkste!

Während wir darüber nachdachten, Sammelklagen für den Werberat zu mobilisieren und das Ganze zu dokumentieren, war Dies Irae mal wieder schneller.

Und genau das macht Adbusting zum wohl effektivsten Aktivismus gegen (sexistische) Werbung. Während sich andere beschweren, oder versuchen politische Regulierungen durchzusetzen, bastelt die Gruppe schon an Claims & Schablonen und erreicht durch die Entfremdung im öffentlichen Raum vielleicht genau die Menschen, die sich bisher noch gar nicht näher dazu Gedanken gemacht haben.

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Und was kommt danach? Der Boykott? Die medienwirksamen Aktionen im öffentlichen Raum hängen vielleicht nur wenige Stunden/Tage, aber sie verbreiten sich rasend schnell. Es wird konkret an einem Produkt Kritik geübt und jede*r Vorbeilaufende kann danach selbst entscheiden, ob so eine Werbung aushaltbar ist, oder nicht, ob das Produkt zukünftig gekauft werden sollte, oder nicht. Der Journalist Peter Nowak sieht im Adbusting aus diesem Grund die einzig “legitime” (wie paradox) Vorgehensweise bei diskriminierender Werbung. Denn Regulierungen lassen sich seiner Meinung nach schwer auf einen Nenner bringen, konkrete Aktionen fordern die Konsument*innen dagegen heraus, die Produktplatzierung selbst zu hinterfragen.

Wir argumentieren jedoch aus einer generell kapitalismuskritischen Perspektive. All das Geld, welches bei größeren Firmen in absurde Werbekampagnen fließt (wie bspw. Red Bull, die Menschen ins Weltall schicken), könnte statt in ein wachsendes Marketing, zurück in die Gesellschaft fließen. Stellt euch vor, eine Marke wie Astra würde sein Werbebudget in die Förderung lokaler Projekte stecken, so wie wir es tun. Stellt euch vor, all der Gewinn der durch die Vermietung öffentlicher Werbeflächen erzielt wird, fließt direkt zurück in die Nachbarschaft, dort wo die Werbung ausgehangen wird. Alles Utopien? Berlin werbefrei hat ein konkretes Konzept zur Regulierung & Gewinnverteilung der Werbung entwickelt, welches per Volksentscheid durchgesetzt werden soll.

Besonders wichtig wird die Rückeroberung des öffentlichen Raumes und der Werbeflächen, wenn man sich anschaut, wie Unternehmen mittlerweile Streetart & Kunst für ihre Zwecke missbrauchen. Wenn die Grenzen zwischen einer Werbebotschaft und einem künstlerischen Werk verschwimmen, wenn Wes Anderson Kurzfilme für H&M produziert oder McDonalds seine Pommes zum Zebrastreifen ummontiert. Wir müssen aufmerksam nach rechts und links schauen, bevor wir die vermeintlich subversiven Botschaften auf der Straße passieren. Oder wir geben direkt Contra und wehren uns aktiv und eigenverantwortlich gegen die Bilderflut in unserer Stadt! Eine Stadt ist keine Marke, aber sie ist Projektionsfläche. Deswegen sollte sie Marken wie Astra keinen Raum bieten, sexistische Kackhaufen mit dem größten Werbebudget an jeder Straßenecke zu verteilen. Wir wollen da nicht reintreten. Dies Irae bewirkt schon viel, aber um ein wahres Zeichen zu setzen, braucht es mehr. Du hast Lust dich zu engagieren, aber weißt nicht wie? Neben den unzähligen, spaßigen Workshops gibt es nun auch “Adbusting. Ein designrhetorisches Strategiehandbuch”, die Pflichtlektüre erschienen im Transcriptverlag, oder Aufklärung per Vimeo. Sei mit uns dagegen!

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13 Sep / #kampagne#engagement

Das Unicorn Kollektiv – ein feministisches Berliner Partykollektiv

Das Unicorn Kollektiv entstand aus dem Gedanken heraus, mehr Frauen* miteinander zu vernetzen. Amelie Salameh und Caroline Smith leiteten die Gründung im März 2017 mit einer simplen Facebook-Gruppe ein. Anfänglich bestand die Gruppe aus Freund*innen und Bekannten, mittlerweile ist diese Gruppe bereits auf eine Größe von circa 60 Frauen* angewachsen.

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Die Gründerinnen sind beide ursprünglich nicht aus Berlin, aber verliebten sich in die Party- und Kunstszene der Stadt.

Sie wollten etwas zurückgeben. Sie wollten eine kleine Gemeinschaft erschaffen, die sich gegenseitig unterstützt und durch ihre Identität und ihre Arbeit andere Frauen* empowert. 

Das Unicorn Kollektiv feierte die erste Party Anfang April. Das Anliegen war, Künstlerinnen, Musikerinnen und anderen Frauen*, die großartige Dinge vollbringen, eine Bühne zu bieten. Das Kollektiv versucht so offen wie möglich zu sein und gleichzeitig einen Schutzraum bzw. Wohlfühl-Veranstaltungen für all diejenigen zu organisieren, die sich als Frauen* im weiteren Sinn definieren. 

Viele Frauen* in den verschiedenen Freundeskreisen haben in der Vergangenheit leider bereits Erfahrung mit sexueller und körperlicher Gewalt gemacht und sind aufgrund dessen seit einigen Jahren nicht mehr feiern gegangen. Aus dieser Problematik heraus entstand der Wunsch nach einer FLTI*-Party, der dann bald zum Mittelpunkt des Kollektivs wurde. So wurde die erste Party des Kollektivs eine FLTI*-Party, um auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen, mittlerweile gibt es aber auch Veranstaltungen, die für jede Person zugänglich sind. 

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Bei diesem ersten Event wurden von der Künstlerin Kaya Kursawe extra für diesen Anlass drei große Aquarell-Gemälde entworfen. Zwei dieser Gemälde konnten erfolgreich veräußert werden, was von allen als größter Erfolg der Party zelebriert wurde. 

Darüber hinaus präsentierten sich herausragende DJs – Herr’N Los, Golden Medusa, Debbie Chia, Decalchain und K Punkt. Außerdem spielte die Live Band Oleaceae & Chaton. Die Architektin Tassja Kissing stellte in Kollaboration mit geflüchteten Frauen* ein Empowerment-Projekt vor.  

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Auffällig ist, dass die Musikszene in manchen Genres immer noch von Männern dominiert wird, Musikerinnen haben es aufgrund ihres Geschlechts oftmals schwer Fuß zu fassen.Oft genug wurde das auch von Seite der Veranstalter deutlich kommuniziert. Musikerinnen bekommen oft Sätze zu hören wie: „Du spielst ganz schon gut – für eine Frau.“ Das Ziel der Unicorns ist es, etwas daran zu ändern.

Musikerinnen bekommen oft Sätze zu hören wie: „Du spielst ganz schön gut – für eine Frau.“  

Weitere Pläne des Kollektivs sind daher ein eintägiges Open Air Ende des Sommers sowie eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Feminimus und Mode – Trends, Projekte und deren Zukunft“. Dafür sind die Unicorns immer auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, Sponsoren, Helfenden und Kollaborationen. Stets nach dem Motto „by and for women“.

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04 Sep / #engagement#werbung#kampagne

„Die Sensibilisierung zum Thema wächst“ - Zum Werbeverbot in XHain

Wenn der Werberat versagt, fängt die Politik an zu regulieren. Während die einen von Bevormundung und Freiheitsberaubung sprechen, gilt für andere dieser Weg als einzig richtiger. In Friedrichshain-Kreuzberg existiert seit 2015 ein Verbot sexistischer und diskriminierender Werbung auf öffentlichen Werbeflächen. Sarah Jermutus, Vorsitzende des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung, Queer und Inklusion, war maßgeblich an der Ausarbeitung des Kriterienkatalogs zum Verbot beteiligt. Wir haben uns gefragt: Wie lässt sich so ein Prozess in Gang setzen und welche Wirkung erzielt er tatsächlich?

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Wie kam der Vorstoß zum Verbot sexistischer Werbung zustande?

Zum einen gab es auf Bezirksebene den Einwohner*innenantrag einer Initiative, kommerzielle Werbung im öffentlichen Raum zu verbieten. Dieser Antrag regte im Frauen-, Gleichstellungs- und Queerausschuss eine Debatte zu sexistischer Werbung an, woraus die Antragsidee resultierte. Bei den Grünen wurde die Idee, sexistische Werbung zu verbieten ebenfalls schon länger diskutiert, so dass wir nun eine gute Chance sahen, die Idee zusammen mit anderen Parteien auf Bezirksebene umzusetzen.

Wie wurde das Gremium zur Ausarbeitung des Kriterienkatalogs gebildet?

Als wir den Auftrag bekommen haben, einen Kriterienkatalog zu erstellen, hat die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks, Petra Koch-Knöbel alle frauenpolitischen und anti-Gewalt Gremien und Netzwerke im Bezirk einbezogen, um daraus eine Arbeitsgruppe zum Thema zu organisieren. Schließlich haben sich eine AG und eine Jury gebildet und daraus ging auch der Kriterienkatalog hervor.

Hattet ihr eine Orientierungshilfe zur Bildung der Kriterien?

Wir haben bei der Entwicklung des Antrages recherchiert, ob es schon Beispiele für ein Verbot sexistischer Werbung gibt. So wurden auch in anderen Städten bereits ähnliche Anträge beschlossen und in Ulm ist sexistische Werbung bereits seit 1994 verboten. Bei der Entwicklung der Kriterien haben wir uns an den Kriterien des österreichischen Werberates orientiert, diese angepasst und mit konkreten Beispielen unterlegt.

Ab wann ist eine Werbung nach eurem Kriterienkatalog sexistisch? Wie wird bei Grenzfällen entschieden?

Werbung ist sexistisch, frauenfeindlich oder diskriminierend bei abwertenden Darstellungen aufgrund des Geschlechts, wenn die Gleichwertigkeit von Personen offen oder subtil in Frage gestellt wird, wenn physische/psychische Unterdrückung explizit dargestellt wird,  wenn gewisse körperliche Merkmale als Norm, andere als defizitär dargestellt werden, wenn Körper als Objekte dargestellt werden, wenn es sexualisierte/pornographische Darstellungen ohne Produktbezug gibt, wenn Kinder in sexualisierter Art und Weise dargestellt werden oder die Darstellungen Hass und Gewalt anstacheln können. Auch Werbung für sexuelle Dienstleistungen kann darunter fallen.

Natürlich gibt es immer wieder Grenzfälle und auch Meinungsverschiedenheiten. Eben weil man sich auch mit den Kriterien einer Bewertung nur annähern kann. Es wird dann jedoch diskutiert und am Ende entscheidet die Mehrheit für oder gegen die Einstufung der Werbung als sexistisch und diskriminierend.

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Auf jeden Fall muss sich am Deutschen Werberat etwas ändern. Als Gremium der Selbstkontrolle, der von der Werbeindustrie finanziert wird und der zudem keinerlei Sanktionen verhängen, sondern nur Rügen aussprechen kann, versagt er in vielen Fällen. 


Welche Werbung konntet ihr beispielsweise schon verhindern?

Bisher wurde keine Werbung auf den bezirkseigenen Flächen untersagt. Es gibt jedoch häufig Anfragen von Bürger*innen, die private Werbeflächen betreffen. Als Folge wurden dann z.B. Schreiben an die entsprechenden Unternehmen verfasst. So konnten schon einige Werbungen abgewandt werden, wie etwa jene Bordellwerbung nur hundert Meter von einer Grundschule entfernt an der Grenze zu Pankow.

Die meisten Werbeverträge, die es im Bezirk gibt, wurden mittlerweile angepasst, so dass die Darstellung von sexistischer, frauenfeindlicher und diskriminierender Werbung von vornherein ausgeschlossen werden soll. Die Sensibilisierung zum Thema wächst. Werber*innen sind dazu aufgerufen vor dem Erstellen der Werbung diese auf die Kriterien hin zu prüfen.

Nichtdestotrotz zeigt dies die Grenzen auf, die ein Bezirk hat - bei der Masse an Werbeflächen im Bezirk und in Gesamtberlin braucht es eine berlinweite Regelung, damit sich deutliche Effekte zeigen.

Die aktuelle Landesregierung hat sich dafür bereits im Koalitionsvertrag ausgesprochen, so dass wir hoffen, dass sich auch berlinweit bald etwas ändert.

Ist es deiner Meinung nach eine notwendige Aufgabe der Politik Werbung zu regulieren?

Absolut. Ich denke wir haben als Politiker*innen die Aufgabe dafür zu sorgen, dass alle Menschen diskriminierungsfrei leben und sich frei entfalten können. So lange es Unternehmen nicht schaffen, von selbst nur Werbung zu schalten, die alle anspricht, die die gesamte Vielfalt der Menschen darstellt und niemanden verletzt, ist es nötig hier Maßnahmen zu ergreifen. Das geschieht auch in Verantwortung insbesondere für junge Menschen, die tagtäglich mit Werbung konfrontiert werden, in denen ihnen standardisierte Schönheitsideale als Norm vorgegaukelt werden, Rollenklischees gefeiert und Menschen herabgewürdigt werden. All dies beeinflusst und behindert direkt und indirekt die wirkliche freie Entfaltung der einzelnen*.

Sollte sich die Politik nicht eher auf die schwierige Rolle des Werberates konzentrieren und dort Maßnahmen ergreifen? Wenn ja, wie wäre das möglich?

Auf jeden Fall muss sich am Deutschen Werberat etwas ändern. Als Gremium der Selbstkontrolle, der von der Werbeindustrie finanziert wird und der zudem keinerlei Sanktionen verhängen, sondern nur Rügen aussprechen kann, versagt er in vielen Fällen. Auch ist er nur für Wirtschaftswerbung zuständig - was jedoch ist mit Werbung von Clubs, Vereinen oder politischen Parteien? Hier hat die Politik die Aufgabe, Änderungen - etwa in Gesetzesform - herbeizuführen, die den Umgang mit Werbung im öffentlichen Raum grundsätzlicher und umfassender angehen. Als Bezirkspolitikerin kann ich da jedoch nur an andere politische Ebenen appellieren - und im Bezirk mit gutem Beispiel vorangehen.

Wie wäre ein Maßnahmen- und Kriterienkatalog wie eurer auf Landes- oder Bundesebene übertragbar?

Es braucht dazu in allererster Linie den politischen Willen und die Erkenntnis, dass die Situation so wie sie ist nicht in Ordnung ist. Auf Landesebene hat hier nach dem Regierungswechsel bereits ein Wandel eingesetzt. Es ist zu hoffen, dass sich auch auf Bundesebene die entsprechenden Mehrheiten ändern, und die Darstellung von Sexismus, Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung, sowie die negativen Auswirkungen dessen endlich als Problem erkannt und angegangen werden.

Solange das nicht so ist, ist es umso wichtiger, dass wir uns auch im Kleinen konsequent und laut gegen Sexismus und Diskriminierung in allen Formen einsetzen.

Wie ist bisher das Feedback vom Bezirk und den Medien zu eurem Vorgehen?

Sehr unterschiedlich. Die breite Mehrheit in der BVV für den Antrag zeigt, dass die meisten politischen Akteur*innen das Vorgehen begrüßen. Dass insbesondere von konservativer Seite Kritik auf uns niederprasselt, liegt in der Natur der Sache - wo Sexismus nicht als Problem erkannt wird und patriarchale Strukturen vorherrschen, stößt so ein Vorgehen natürlich auf taube Ohren. Von vielen Bürger*innen haben wir jedoch Zuspruch erhalten.

Einige Medienvertreter*innen warfen uns schnell vor, wir würden zensieren wollen, wären prüde und würden sogar Bikiniwerbung verbieten wollen. Auch hier zeigt sich, dass das Ursprungsproblem nicht erkannt wird. Denn auch wir haben nichts gegen Bikiniwerbung - es macht jedoch einen Unterschied, ob dabei Freund*innen zusammen am Strand chillen und Bier trinken oder eine Frau in aufreizender Pose am Strand liegt.

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Interview mit: Sarah Jermutus ist Vorsitzende des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung, Queer und Inklusion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, im Vorstand der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, sowie Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Als Frau in der Politik sieht sie sich selbst immer wieder mit Sexismus und männlichen Machtstrukturen konfrontiert - und engagiert sich gerade deswegen dagegen. Auch weil sie glaubt, dass nur mehr Frauen in der Politik eine nachhaltige Änderung der vorherrschenden Strukturen bewirken können.

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04 Sep / #engagement

„Es geht nicht darum, der Werbebranche einen Maulkorb anzulegen“ – Im Interview mit Pinkstinks

Seit Beginn unserer Kampagne befinden wir uns in regem Austausch mit pinkstinks. Die NGO aus Hamburg ist die wohl größte und erfolgreichste Organisation, die sich gegen Sexismus in der Werbung einsetzt und mit Bildungsangeboten darüber aufklärt. Zusätzlich fungiert pinkstinks als Beratungsorgan und überwacht nun durch ein Programm des Bundesfamilienministeriums den Werberat. Ist das dann gute Lobbyarbeit? Und worauf zielt das Monitoring? Wir haben mit Nils Pickert, einem der Chefredakteure und Aktivisten gesprochen.

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Ihr werdet seit Mai 2017 vom Bundesfamilienministerium für ein Monitoringprojekt über zwei Jahre gefördert. Was sind die genauen Bestandteile dieses Projekts und wie kam die Idee zustande?

Das Projekt beinhaltet die Entwicklung einer Webapplikation und einer App, die dazu genutzt werden, sexistische Werbung in Deutschland sichtbar zu machen. Dazu wird man Werbung melden und sich über sie informieren können.

Uns wird immer wieder (auch von Seiten des Werberats) vorgehalten, dass sexistische Werbung kaum ein Problem sei und selten vorkäme. Das deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. Wir wollen 2 Jahre lang sexistische Werbung mappen, einordnen und in Zusammenhänge stellen. Wie bewertet der Werberat das und wie wir, was wurde und wird unternommen etc. Das Projekt ist Teil unseres Strategiepakets gegen Sexismus. Uns geht es darum, diese Problematik möglichst nachhaltig und auf breiter Ebene anzugehen.

Ihr kritisiert die Arbeit des Werberates seit Jahren scharf! Wie ändert sich durch dieses Programm euer Verhältnis zum Gremium? Wie würde deiner Meinung nach der perfekte Werberat aussehen und arbeiten?

Der Werberat hat uns anfangs belächelt, weiß aber inzwischen, worum es uns geht und wozu wir in der Lage sind. Auch dieses Monitoringprojekt zur Sichtbarmachung und Überwachung sexistischer Werbung macht deutlich, wie ernst es uns ist. Darüber hinaus haben wir einen sehr professionellen und freundlichen Umgang mit unseren Ansprechpartner*innen beim Werberat.

Uns geht es weder darum, ihn schlecht zu reden, und schon gar nicht darum, ihn abzuschaffen. Stattdessen wollen wir, dass der Werberat einen besseren Job macht.

Dazu gehört ein proaktives Vorgehen bei sexistischer Werbung mit einer Taskforce aus Expert*innen, die Werbetreibende und Firmen beraten kann. Dazu gehört auch ein schärferes Sanktionierungsinstumentarium – eine schlichte Rüge reicht nicht aus. Und zu guter Letzt auch ein verpflichtendes Bekenntnis gegen Sexismus und Stereotype wie es gerade der Werberat in Großbritannien für sich formuliert hat.

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Foto: Nils Pickert

Offizielles Ziel des Monitorings ist es herauszufinden, wie gegen sexistische Werbung vorgegangen werden kann, “ohne zensorisch zu agieren”. Was bedeutet das genau?

Zensur ist keine gute Lösung des Problems sexistischer Werbung, sondern eher so etwas wie eine Last Line of Defense. Das Grundprinzip, dass Werbetreibende das Recht haben sollten, so zu werben, wie sie es für richtig halten, gilt es aufrecht zu herhalten. Sie haben in diesem Zusammenhang übrigens auch das Recht dümmlich, geschmacklos und suggestiv zu werben. Sie haben allerdings nicht das Recht, diskriminierend zu werben und genau an der Umsetzung dieser Tatsache hakt es.

Es geht also nicht darum, der Werbebranche einen Maulkorb anzulegen, generell Nacktheit zu verbieten oder der Zensur Vorschub zu leisten, sondern um die Umsetzung geltenden Rechts.

( Artikel 3GG: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin).

Was muss innerhalb dieser zwei Jahre geschehen, damit ihr euer Projekt selbst als erfolgreich bezeichnen würdet?

Das Projekt ist ergebnisoffen und damit schon ein Erfolg, wenn wir es transparent und nachvollziehbar umsetzen. Es geht uns nicht darum, etwas zu bestätigen, was wir schon vermuten oder wissen, sondern erstmalig abzubilden, wie es in punkto sexistischer Werbung in Deutschland aussieht. Ist das ein Problem und wenn ja, wo? In den Städten, auf dem Land? Was wird dagegen getan? Wer ist zuständig?

Video: Schluss mit Sexismus in der Werbung

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30 Aug / #förderung

Das Mädchenzentrum Schilleria erhält unsere Sonderförderung

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Insgesamt 17 Projekte haben sich auf unsere Sonderförderung der Quartiermeister*in beworben. Die Entscheidung, welche feministische/queere Initiative aus den Räumen Berlin, Leipzig und Dresden die 2500€ erhält, fiel den Vereinsmitgliedern alles andere als leicht. Das erste Mal überhaupt in der Beiratsgeschichte des Quartiermeister e.V. waren die Stimmen genau gleich zwischen zwei Projekten verteilt, sodass im Nachgang noch eine Abstimmung mit allen Mitgliedern per Mail organisiert werden musste. Schließlich war das Ergebnis dann doch sehr eindeutig. Die Schilleria war vielen schon durch eine vorherige Förderung bekannt.

Die Schilleria

Die Schilleria ist ein Rückzugs- und Erholungszentrum für Mädchen und junge Frauen zwischen 7 und 21 Jahren in Berlin Neukölln. Träger ist der gemeinnützige Verein Madonna Mädchenkult.Ur e.V. Für einige Besucherinnen ist die Schilleria wie ein zweites Zuhause. Hier können sie ganz sie selbst sein und den gesellschaftlichen Druck durch Schule und Eltern vergessen. In der Praxis verfolgt die Schilleria die Absicht peergroup-stärkend und gewaltpräventiv zu arbeiten. Dabei arbeitet sie bedürfnis- und ressourcenorientiert und gestaltet ihre Angebote so niedrigschwellig, dass jede Besucherin mitmachen, mitgestalten und mitbestimmen kann. Das Mädchenzentrum bestärkt jedes Mädchen darin, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und hinterfragt gemeinsam mit den Besucherinnen jegliche Art von Normen und Stereotypen. So auch mit dem beworbenen Projekt. Die Schilleria möchte das Geld der Förderung dafür benutzen, Computer für den Mädchentreff anzuschaffen und damit Bildbearbeitungsworkshops durchzuführen, in denen über Schönheitsideale und Selbst- und Fremdwahrnehmung geredet wird (Sexismus in der Werbung wird dabei natürlich auch ein Thema sein).

Der Workshop wird die Möglichkeiten der Fotomanipulation erforschen und wieder einmal mehr die Frage stellen: “Was macht das mit mir ganz persönlich und wie kann ich mich von Idealen ein Stück weit mehr befreien?” - Dabei werden auch unterschiedliche Methoden und Filme zum Einsatz kommen, die helfen werden, das Thema kindertauglich zu bearbeiten. Der erste Workshop wird Anfang Dezember stattfinden. Bis dahin muss die Technik stehen und alle Programme installiert sein.

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Ohne euch, keine Kohle - ohne Kohle, kein Spaß!

Sinaya, Leiterin des Mädchenzentrums erklärt:

“Warum wir keine Computer haben? Oh doch! Wir haben ganz alte Computer, die kaum noch laufen und ewig brauchen, bis sie hochgefahren sind. In unserer Regelfinanzierung ist eine Neuanschaffung nicht enthalten, deshalb sind wir immer auf Spendengelder und weitere Formen der Hilfe angewiesen. Die letzten Computer wurden uns geschenkt. Wir freuen uns aber, wenn wir auch für unseren Nachhilfetag endlich funktionierende Computer haben. Denn was hilft die Selbstbestimmung, wenn das nötige Werkzeug für die Workshops nicht vorhanden ist?

Deshalb: Danke an alle Menschen, die Quartiermeister*in trinken!

Warum wir uns für das Projekt entschieden haben

Die Schilleria gehört seit vielen Jahren zum Schillerkiez, wie das Windrad auf das Tempelhofer Feld. Wir wissen ihre Arbeit zu schätzen und kennen die Erfolge vergangener Projekte (bspw. eines Rapworkshops). Wir glauben, dass gerade die Arbeit mit jungen Mädchen auf Augenhöhe zukünftig sehr viel Gutes bewirken kann. Genau die Generation, die mit Social Media aufwächst, ist tagtäglich mit Erwartungen Anderer konfrontiert. Jedes (fehlende) Like hat Einfluss auf die Selbsteinschätzung. Die Mädchen in der Schilleria werden nicht nur ermutigt, zu sich selbst zu stehen, sondern sie entzaubern gleichzeitig die Tricks der Werbeindustrie und Photoshop. Technisches Empowerment meets Awareness! Wir werden das Projekt bei der Umsetzung begleiten und weiterhin berichten.

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30 Aug / #werbung#engagement

So war’s beim Launch

Unser Video vom Event ist online, sodass ihr nochmal in warmen Erinnerungen schwelgen könnt, oder einfach mal nachschaut, was ihr eigentlich so verpasst habt. Mit allen Panelteilnehmer*innen wurden noch einzelne Interviews geführt. Diese veröffentlichen wir in den nächsten Tagen! Ihr dürft gespannt sein! Prooost!

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28 Aug / #werbung#engagement

Adbusting in Wahlkampfzeiten?

Welche Sprache verwendet politische Plakatwerbung auf der Straße?

Wahlwerbung wirbt meist mit simplen und sehr erwartbaren Slogans: Soziale Gerechtigkeit und Reichenbesteuerung hier, traditionelle Werte verteidigen, Sicherheit und Schutz der Eigentums … dort. Also Wahlkampfthemen populistischer Art und nicht selten mit leeren Versprechungen.

Sehr oft wird mit weniger sympathischen Gesichtern von Politiker*innen (Identifikationsfiguren) geworben. Je nach Anliegen der Partei mit effekthascherischen und zielgruppenorientierten Inhalten. Wenig überraschend. Auffällig ist aber dann doch, dass die Wahlwerbung etablierter Parteien tendenziell eher so „alle“ ansprechen soll und die Werbung von AfD und anderen extremen Parteien spezielles, potenzielles Wählerklientel.

Es gibt ganze Bücher über die Wirkung von Wahlwerbung. Aus der persönlichen, nicht repräsentativen Feldstudie heraus würde ich sagen, sie nervt mindestens genauso sehr, wie alle anderen (Außen-)Werbungen. Und sie hat vermutlich einen genauso hohen, wie perfiden Impact. Ein Hingucker, der es ins Bewusstsein der Werbebetrachtenden schafft ist dann geglückt (aus Sicht der werbenden Partei), wenn er das Besondere unter dem Gewöhnlichen ist. Das kann dann noch so widerlich sein, dies bleibt hängen. Eine, in den letzten Jahren wachsende, große Rolle spielen hierbei natürlich auch die  sozialen Medien.

Kann politische Werbung auch sexistisch sein?

Ja, und ob, natürlich. Hier fällt mir spontan der Klassiker von der Jungen Union ein (epic fail)!

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Und die AfD kann aktuell sogar sexistisch UND rassistisch in einem:

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Und noch viel mehr möchte ich zu bedenken geben: Strukturell diskriminierend ist die Besetzung in der Politik auch heute noch. Es sitzen nicht 50% Frauen und 50% Männer im Bundestag, noch in anderen Parlamenten (zu den genauen Zahlen geht’s hier). Parteiintern herrscht doch noch ein heftiges Männergeklüngel. Die Gläserne Decke ist kein Mythos. Das spiegelt sich dann auch in den Plakaten wieder, nicht nur, wenn Gesichter drauf sind. Oft werden hier Rollenstereotypen widergespiegelt.

Aufrufe und Ideen zum Adbusten?

Neulich hatte ich so eine Idee: Man klebe Glitzersternchen auf die Augen von Politiker*innenvisagen, die von Wahlplakaten grinsen und fertige Regenbogen Sticker/ Regenbögen, das ist eben vor allem für die CSD ähm, CSU schön (oder CDU und aller weiter rechts auch).

- Sprechblasen sind immer eine gute Option. Dann können die Wahlplakate ganz neue Inhalte und Aussagen erhalten.
- Sprüche verändern oder ergänzen, überkleben und verbessern.
Oder gar ganz eigene Wahlplakate entwerfen oder Plakate entfernen (das ist natürlich nicht legal und natürlich hat auch niemand die Absicht Wahlplakate zu busten oder zu entfernen).

Da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Möglich ist es auch Werbung zu melden, wenn in der Nähe von Schulen/Kitas rechtsextreme Parteien werben, i.d.R. wollen das die Kommunen nicht undd lassen sie abhängen (NPD: “Lieber Oma als Sinti und Roma” hing z.B. bei uns mal an der Kita, da hab ich beim OB Bescheid gesagt - baam war‘s weg). In jedem Fall gehört auch während der Wahlkampfzeit der Öffentliche Raum den Menschen ihrer Städte und sie dürfen sich ermutigt fühlen, diesen zu nutzen und selbst zu gestalten.

Autorin: Magna* ist Feministin, die gern textet, adbustet und künstlerisch tätig ist. Sie hat das Anliegen mit politischer und kritischer Kunst zu einer Veränderung der Welt zum Guten beizutragen. Zugleich ist sie leidenschaftliche Yogini (und findet, dass Yoga und ihr Anliegen sich überhaupt nicht widersprechen).

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09 Aug / #engagement

“Es werden sich neue Perspektiven auf unsere Stadt eröffnen” - Im Interview mit Berlin werbefrei

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Täglich sehen wir im öffentlichen Raum bis zu 3000 Werbeflächen. Das ist schwer vorstellbar, liegt aber zum großen Teil daran, dass die Werbungen zum gängigen und wachsenden Bestandteil der Stadt gehören. Die einen ziehen sang- und klanglos an uns vorbei, die anderen blinken, werden immer größer oder regen uns auf. Die Bürger*inneninitiative Berlin Werbefrei wagt das Unvorstellbare: Sie fordern eine werbefreie Hauptstadt und möchten ihr Alternativkonzept per Volksentscheid 2019 durchsetzen. Wie das genau funktionieren soll, erklärt uns Sarah Mohs, Initiatorin der Kampagne.

Wie bzw. woraus hat sich die Bürgerinnen*initiative Berlin werbefrei gegründet und was ist euer genaues Anliegen?

Viele von uns sind schon lange von Werbung genervt. Werbung im öffentlichen Raum hat in den letzten Jahren massiv zugenommen.

Immer mehr Hauseigentümer entdecken den sogenannten ruhigsten Mieter der Welt und vermieten die Fassaden ihrer Häuser als Werbeflächen.

Als dann Mercedes an vielen Orten der Stadt ganze Brandwände mit Werbung bemalen ließ und die Bemalung der Wand, die an den Prinzessinnengarten angrenzt mit Anwälten durchsetzte, war das zu viel. Auf der Suche nach einem Weg solche Megawerbung zu verhindern, haben wir beschlossen, das Problem grundlegender anzugehen und ein Alternativkonzept für Werbung im öffentlichen Raum und in öffentlichen Einrichtungen erarbeitet. Gerade das “Sponsoring” großer Firmen in Bildungseinrichtungen lässt die Grenzen zwischen staatlichem Bildungsauftrag und den wirtschaftlichen Interessen einzelner Unternehmen verschwimmen.

Weswegen ist Werbung im öffentlichen Raum ein Störfaktor? Was kritisiert ihr genau?

Gerade im öffentlichen Raum stellt Werbung ein Problem dar, weil wir uns dort täglich bewegen und nicht die Möglichkeiten haben uns ihren Botschaften zu entziehen. Wir können nicht wie im Fernsehen umschalten oder einen Adblocker benutzen…wir sind ihnen ausgeliefert.

Diese Form der Kommerzialisierung unterwandert die eigentliche Funktion des öffentliche Raums als Ort des gesellschaftlichen Lebens, der Begegnung und der Kommunikation der Menschen untereinander.

Welche Werbeflächen wollt ihr genau wie regulieren bzw. verbieten?

Unser Vorschlag betrifft verschiedene Bereiche: Einerseits soll es keine Werbung in Kindergärten, Schulen, Hochschulen, und anderen öffentlichen Einrichtungen mehr geben und Sponsoring stark reguliert werden. Andererseits soll Außenwerbung bis auf wenige Ausnahmen aus dem öffentlichen Raum verschwinden.

Dabei unterscheiden wir zwischen Produkt und Dienstleistungswerbung auf der einen Seite und Veranstaltungswerbung auf der Anderen. Produkt und Dienstleistungswerbung soll nur noch an der Stätte der Leistung erlaubt sein, also direkt an Geschäften oder Restaurants. Und für maximal ein Jahr an Bushaltestellen oder öffentlichen Toiletten, wenn damit der Bau oder die Sanierung finanziert wird.

„Was passiert in meiner Stadt, was kann ich unternehmen?“ sind Dinge, die viele Bewohner*innen interessieren. Deshalb soll Veranstaltungswerbung in Max. A0 an Litfasssäulen und ausgewiesenen Flächen weiterhin erlaubt sein. Keine der Ausnahmen darf blinken oder sich bewegen, wie bei digitalen Werbetafeln mit wechselnden Bildern. Denn durch die Bewegung ziehen sie besonders viel Aufmerksamkeit auf sich und es wird fast unmöglich wegzuschauen. Das Gesetz regelt zudem die Problematik der herabwürdigenden und diskriminierenden Werbung. Danach entscheiden Gerichte an Hand des Gesetzes darüber, ob eine Werbung herabwürdigend oder diskriminierend ist und nicht wie bisher der deutsche Werberat, welcher eine Institution der Werbewirtschaft ist.

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Sarah Mohs auf unser Paneldiskussion in den Prinzessinnengärten

Was sollte mit den frei gewordenen Werbeflächen bspw. an einer Haltestelle daraufhin geschehen?

Die allein stehenden Werbeanlagen werden abgebaut und es werden sich neue Perspektiven auf unsere Stadt eröffnen. ​An Bushaltestellen soll weiterhin Veranstaltungswerbung erlaubt sein.

Mit welchen Partner*innen arbeitet ihr bisher schon zusammen? Wer unterstützt euren Vorstoß?

Die Initiative Berlin Werbefrei wird vom Verein Changing Cities unterstützt, der auch der Trägerverein des Fahrradvolksentscheids ist. Daneben haben sich seit dem Start viele interessierte Einzelpersonen bei uns gemeldet, die unser
Vorhaben unterstützen.

Wie wird sich der Weg zwischen Volksbegehren und –entscheid gestalten?

Am 26. Juni haben wir unser en Gesetzentwurf zur amtlichen Kostenschätzung eingereicht. Sobald diese vorliegt, müssen wir innerhalb von sechs Monaten 20.000 Unterstützerunterschriften sammeln. Wenn uns das gelingt, wird das Gesetz auf Zulässigkeit geprüft und das Abgeordnetenhaus hat vier Monate Zeit über unser Gesetz zu beraten und es umzusetzen. Wenn es nicht umgesetzt wird, geht es in die zweite Runde: Wir müssen innerhalb von vier Monaten 200.000 Unterschriften sammeln. Haben wir die zusammen, kommt es zur Abstimmung. Wir streben eine Abstimmung gleichzeitig mit der Europawahl im Mai 2019 an.

Wie glaubt ihr, könnt ihr die Berliner*innen davon überzeugen, dass dieses Thema von Wichtigkeit ist?

Werbung trifft. Jeden. War eine Kampagne der Außenwerbelobby. Dieser Satz bringt es auf den Punkt: von Außenwerbung sind wir alle betroffen und deshalb werden die meisten Berliner*innen eine Meinung dazu haben.

Viele sind von Werbung genervt, aber nur wenige profitieren davon. Deshalb glaube ich, dass unser Vorhaben auf große Zustimmung stoßen wird.

An welchem Punkt steht ihr jetzt? Wie kann man euch unterstützen?

Noch warten wir auf die Kostenschätzung. Wenn die vorliegt, brauchen wir viele Helfer*innen, um die ersten 20.000 Unterschriften zu sammeln. Bis dahin möchten wir eine möglichst breite Debatte über Werbung anstoßen.

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Wie stellst du dir persönlich eine werbefreie Stadt vor? Wie würde sich das Stadtbild auf die Lebensqualität der Bewohner*innen auswirken?

Ich freu mich schon auf eine Stadt ohne Werbung. Ohne die nervigen Kaufaufforderungen, dreisten Lügen, die häufig geschmacklosen oder herabwürdigenden Werbebotschaften… Stattdessen wäre der Blick wieder frei auf Häuser, Grünflächen oder einfach den Himmel. Und die ein oder andere triste Mauer wäre ohne Werbung eine wunderbare Fläche für Kunst.

Dass die Lebensqualität steigen wird, zeigt auch die Erfahrung aus Sao Paulo, wo es seit zehn Jahren keine Außenwerbung mehr gibt und 70 Prozent der Bevölkerung angeben, dass dadurch ihre Lebensqualität gestiegen sei.

Am Freitag den 11.08. organisieren wir einen offenen Infoabend zu unserer Kampagne. Das Ganze findet ab 18Uhr in den Prinzessinnengärten statt.

Hier gehts zur facebook-Veranstaltung!

Sarah Mohs beschäftigte sich schon während ihres Studiums des Produktdesigns immer wieder mit Themen rund um den öffentlichen Raum und der Frage, wer seine Funktion definiert. Auch die kritische Auseinandersetzung mit Außenwerbung spielte in diesem Zusamenhang eine Rolle. Als Mitglied der Initiative Berlin Werbefrei setzt sie sich gegen die Kommodifizierung des öffentlichen Lebens und für die Regulierung von Werbung ein.

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08 Aug / #engagement

“Damit wird die Stadt zu einer Kampfarena der Konzerne” - Im Interview mit Dies Irae

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Werbung im öffentlichen Raum nervt. Während wir darüber diskutieren, ist Dies Irae in ganz Deutschland unterwegs und geht kreativ-aktiv gegen sexistische, geschmacklose und diskriminierende Werbung vor. Oder die Gruppe packt ihr ganz eigenen politischen Messages in die Vitrinen. Wir haben mit dem Initiator über ihre Arbeit und Visonen gesprochen.

Wie bist Du zum Adbusting gekommen? Kannst Du Dich noch an Deine erste Aktion erinnern?

An meine erste Aktion kann ich mich nicht mehr erinnern. Bevor ich das Adbusting entdeckte, probierte ich als Vollzeitaktivist einige andere Aktionsformen aus: Zum Beispiel Aktionsklettern (á la Robin Wood), aber in der Höhe mache ich mir in die Hose. Mit dem Adbusting fand ich die Aktionsform, die mir am meisten Freude bereitet. Und Spaß ist ein wichtiger Faktor für Leute, die lange aktiv bleiben wollen.

Wer und wie viele Aktive verbergen sich hinter Dies Irae?

Manchmal agiere ich alleine, manchmal im Rudel. Das hängt ganz von der Energie der Leute ab. Adbusting, so wie ich es betreibe, erfordert zeitlichen Aufwand.

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Hinter Euren Aktionen stehen konsumkritische Überzeugungen und
aufklärerische Motivationen. Kannst Du genauer erklären, warum Ihr Euch gegen die permanente Präsenz von Außenwerbung im öffentlichen Raum engagiert?

Ein Teil der Antwort steckt schon in der Frage: Permanente Präsenz! Die ganze Zeit werden wir in der Stadt zugeballert mit Werbeplakaten, die nur ein Ziel haben: Mehr Umsatz, mehr Aufmerksamkeit, mehr Wohlstandsschrott, den wir nicht brauchen, aber kaufen sollen. Werbung. Wachstum. Weltuntergang. WTF! Die Rolle, die uns dabei zugeschrieben wird: Passiv bleiben, hinschauen, die Schnauze halten und kaufen bis die Wohlstandsbehälter (Wohnungen) vollgestopft sind oder die geplante Obsoleszenz dafür sorgt, dass aus Billiggeräten dann Elektroschrott wird. Wir meinen, dass der öffentliche Raum mit seinen sozialen Funktionen u.a. durch die Omnipräsenz von Werbung, zu einem kommerziellen Raum wird.

Ich sehe ein sexistisches Werbeplakat bei mir auf der Straße und würde gern etwas dagegen tun. Wie kann ich spontan eine Adbusting Aktion starten?

Mega easy: „Sexistische Kackscheiße“ auf ein Blatt Papier malen und rauf damit auf’s Plakat. Es gibt aber auch knackigere Sprüche: „If your product was any good, you wouldn’t need sexism to sell it.” Den Motiven mit einer Sprechblase einen entlarvenden Satz in den Mund zu legen, ist auch eine beliebte Technik, wenn es mal schnell gehen soll.

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Wie entwickelt ihr die Ideen zu einzelnen Aktionen? Kann man dabei von Schwarmintelligenz sprechen?

Du meinst wie entsteht kreative Kackscheiße? Es gibt Leute, die meinen Alkohol hilft dabei. Quartiersmeister*in kann also auch einen Beitrag leisten, um Adbusting-Gruppen zu Höchstleistungen zu bringen. Bei uns ist das eher nüchtern. Empörung ist ein guter Antrieb, um Plakate zu verschönern. Je mehr Leute in der Gruppe mitwirken, desto bessere Motiv-Ideen produzieren wir auch. Schwarmintelligenz trifft es also ganz gut.

Inwieweit spielt heute Social Media bei Euren Aktionen eine Rolle? Schließlich erreicht ihr damit nicht nur die Menschen in unmittelbarer Werbeumgebung.

Ein Plakat zu verändern kann schon mal einen ganzen Tag dauern. Aktionen, die teils wochenlang vorbereitet werden, verschwinden innerhalb von einem halben Tag, weil die Außenwerbefirmen sie wieder abhängen. Auf der einen Seite tut der Aufwand weh, auf der anderen Seite freuen wir uns, weil wir offenbar als Störfaktor wahrgenommen werden. Social Media konserviert die Aktionen,  was das Überleben im Netz ermöglicht. So können auch Aktionen in Kleinstädten, wie Freital, ein größeres Publikum erreichen. Aber so richtige Social-Media-Freaks sind wir nicht. Es nervt eher, Fotos zu generieren, Posts zu schreiben und zu reagieren. Was wirklich Spaß macht, sind die Reaktionen der Menschen auf der Straße. 1000 Likes sind „nett“ und auch wichtig für den Impact der Aktionen, aber den Irritationsmoment in den Gesichtern zu sehen, das ist unbezahlbar. Zudem veränderst Du sofort die Wirklichkeit – den Wahrnehmungsraum - der Betrachtenden und der Stadt.

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Ist Euer finales Ziel eine werbefrei Stadt? Wie würde diese aussehen?

Konzerne kämpfen im urbanen Raum um unsere Aufmerksamkeit: Mc Donalds
gegen Burger King, BMW gegen VW, H&M gegen Mango. Damit wird die Stadt
zu einer Kampfarena der Konzerne. Wir wünschen uns, dass die Stadt keine
Spielwiese für Marketing-Abteilungen von mächtigen Unternehmen ist. Stattdessen sollten die Flächen für Kunst oder lokale Initiativen nutzbar gemacht werden. Wenn das Schwimmbad seine Sommeröffnungszeiten kundtut, oder ein Umsonstflohmarkt in der Nachbarschaft stattfindet, ist das doch viel relevanter als die Info, dass es wieder einen neuen 1-Euro Burger gibt. Zudem haben viele Menschen, den Wunsch ihren Kiez selbst zu gestalten. Heute wird ein großer Teil der Stadt von werbetreibenden Unternehmen bespielt. Ermöglicht durch die finanzielle Ausstattung. Der jenige, der viel Geld hat, darf viel öffentlichen Raum vereinnahmen. Es ist an der Zeit diese Logik zu durchbrechen.

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07 Aug / #engagement#werbung#kampagne

Die Diskussion hat gerade erst begonnen

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Ein Prost auf die Gleichberechtigung! Am Donnerstag den 27.7. launchten wir feierlich mit euch die Quartiermeister*in in den Prinzessinengärten. Die Paneldiskussion hat viele alte Fragen beantwortet und viele neue in den Raum geworfen. Nun heißt es, das Thema im Fokus der Aufmerksamkeit zu halten. Auch in den nächsten Wochen werden euch noch viele spannende Artikel und Interviews zum Thema auf unserem Blog erwarten. Kommentiert fleißig mit, hakt nach, macht andere auf die Kampagne aufmerksam. Hier haben wir euch die schönsten Eindrücke vom Launch und dem Adbustingworkshop zusammengestellt.

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Unsere Etiketten gibt es nun in der Bio und Originalvariante.

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Sexistische Werbung: Gibt’s noch oder geht’s noch? Beim Werberaten wird ersichtlich: Nicht nur die Bierwerbung ist sexistisch. Auch andere Branchen, wie der Tourismusverband im Schwarzwald, greifen auf eindeutige Botschaften zurück.

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Patrick Grünhag führt durch den Abend und die Paneldiskussion.

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Die Sonderförderung der Quartiermeister*in von 2500€ geht an das Mädchenhaus Schilleria in Neukölln. Sinaya Sanchis, Leiterin des Vereins, spricht über die Auswirkungen der Werbung: „Unsere Mädchen bekommen ständig über ihr Umfeld, in der Schule, auf der Straße und in der Werbung gesagt, wie sie zu sein und auszusehen haben. Gerade bei jungen Frauen hat diesbezüglich noch wenig Reflexion stattgefunden. Sie stehen unter Stress und lassen das Fremdbild in ihre eigene Wahrnehmung einfließen.“

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„Geschmack hört da auf, wo Menschen sich verletzt fühlen.“ Sarah Jermutus, Vorsitzende des Ausschusses Frauen, Gleichstellung, Inklusion und Queer war maßgeblich an der Ausarbeitung des Kriterienkatalogs zum Verbot sexistischer Werbung auf den bezirkseigenen Werbeflächen in Friedrichshain/Kreuzberg beteiligt.

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“Wenn die Werbung dann bestimmte sexualisierte Motive für die queere Community benutzt, kann das aus deren Perspektive schon wieder als empowernd und zeitgemäß wahrgenommen werden.” Manuela Kay, Verlegerin der Siegessäule und Chefredakteurin von L-Mag zeigt Werbekampagnen in ihren Magazinen und spricht über die Verantwortung der privatwirtschaftlichen Presse.

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„Der eigentliche Zweck des öffentlichen Raums ist die Begegnung und die Kommunikation. Werbung als Animation und Manipulation der Kaufentscheidung steht dem entgegen. Wir fordern: Werbung an öffentlichen Stätten muss verboten werden!”. Sarah Mohs möchte mit ihrer Bürger*inneninitiative Berlin werbefrei einen Volksentscheid zur Verbannung der Werbung im öffentlichen Raum erzielen.

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“Die Kampagne soll in erster Linie als Diskussionsplattform dienen, eine Art Anstoß sein. Der heutige Abend war nur der Anfang! Für mich persönlich ist das Ganze erst erfolgreich, wenn wir auch diejenigen erreichen, die sich bisher noch gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben.” Lisa Wiedemuth, Initiatorin der Kampagne.

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Die Diskussion wird dem Publikum geöffnet: “Weiß Astra schon Bescheid oder hat ‘was dagegen?’“

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Alle Panelteilnehmer*innen von links nach rechts: Patrick Grünhag (Moderation), Sarah Jermutus, Sinaya Sanchis, Manuela Kay, Nils Pickert (Chefredakteur und Aktivist bei pinkstinks Germany), Lisa Wiedemuth und Sarah Mohs.

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Der Adbustingworkshop beginnt. Rund 20 Teilnehmer*innen lernen, wie man der Werbung auf vielfältige Art und Weise “eine klebt!”

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Wichtigstes Utensil: Die Warnweste, die Kompetenz verschafft.

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Nun geht’s direkt an einzelne Beispiele. “Fast so schön wie eine Frau. Nur mit Ausknopf”

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Die Ergebnisse werden präsentiert.

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Der Tatschscreen wird zum Ätschscreen.

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Oder? Wir sind gespannt auf die nächsten Wochen.

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24 Jul / #kampagne

Der Quartiermeister*in-Launch am 27.7. @ Prinzessinnengärten

Die neuen Flaschen sind in Berlin angekommen und wir möchten feierlich mit euch auf die Gleichberechtigung anstoßen!

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Hier geht’s zum Facebookevent

Was erwartet euch an dem Abend bei einem kühlen Zauberbier?

Gemeinsam mit einer deutschlandweit aktiven Adbustinggruppe bieten wir euch einen kostenlosen Open-Air-Adbustingworkshop an. Adbusting ist eine Form der Straßenkunst, die mit kreativen Mitteln Werbung entlarvt. Nach einer allgemeinen Einführung zu Methoden & Möglichkeiten entwickeln wir in kreativer Gruppenarbeit eigene Prototypen und Slogans zu Verwendung beim Antisexismus-Busting! Die Ergebnisse werden im Anschluss nicht nur präsentiert, sondern stehen zur (Weiter)entwicklung und Benutzung für alle offen.

Außerdem konnten wir spannende Expert*innen zu vielfältigem Engagement gegen Sexismus in der Werbung gewinnen. Unter dem Motto “Was dagegen?” loten wir in einer offenen Paneldiskussion ab 18Uhr die Möglichkeiten & Grenzen der Werberegulierung aus. Ist das jetzt geschmacklos, oder schon diskriminierend?

Mit am Start:

- Nils Pickert, Chefredakteur der Onlineberichterstattung von pinkstinks. Die NGO versucht seit 2012 durch politische Lobby- und Beratungsarbeit die Regulierungen für sexistische Werbung zu verschärfen.

- Manuela Kay, Verlegerin Siegessäule und Chefredakteurin von L-Mag. Sie spricht über die Verantwortung privatwirtschaftlicher Presse, die letztendlich auf den Verkauf von Werbeanzeigen angewiesen ist.

- Sarah Jermutus, Vorsitzende des Ausschusses Frauen, Gleichstellung, Inklusion und Queer. Sie hat am Kriterienkatalog zum Verbot sexistischer Werbung im Bezirk XHain mitgearbeitet.

- Sarah Mohs, Initiatorin der Bürger*inneninitiative Berlin werbefrei, welche durch ein Volksentscheid Werbung im öffentlichen Raum der Hauptstadt verbannen möchte.

Außerdem:

Die ersten 24 Gäste bekommen die ersten 24 Quartiermeister*in Flaschen aus dem Kasten geschenkt.

Beim Werberat(en) könnt ihr als Kollektiv tolle Quartiermeister*innen-Preise gewinnen. Erratet mit Claim oder Bild, welches Produkt sich hinter den Werbebotschaften verbirgt!

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20 Jul / #werbung

Sex sells!? Fuck sex and capitalism and patriarchy! Who needs that shit anyway?

Kreativ, innovativ, spannend, modern – so soll Werbung sein! Schauen wir uns doch die gegenwärtigen Werbeformate mal an. Was sehen wir? Makellose, glückliche Menschen, die uns versprechen, dass der Konsum eines bestimmten Produkts uns ebenso makellos und glücklich machen wird. Wir sehen Geschäftsmänner und Hausfrauen, „sexy“ Frauen und auch manchmal „sexy“ Männer. Wenngleich Werbung natürlich auch Männer in diskriminierender oder (sexuell) reduzierender Weise darstellt, werden uns in überproportionalem Maße „perfekte“ Frauen gezeigt, die mit ihren „perfekten“ Körpern oder ausschnittweisen Körperdarstellungen Produkte bewerben, die mit ihnen oder ihren Körpern meist nichts zu tun haben. Mal mit mehr oder weniger expliziten sexuellen Aussagen.

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Sex sells
Die meisten Werbeformate arbeiten mit Geschlechterstereotypen – wie sollte es auch anders sein? Werbemacher*innen haben auch nur eine durchschnittliche Sozialisation erlebt, die bei uns leider anhand knallharter Kategorien fester Weiblichkeits- und Männlichkeitsdefinitionen abläuft. So richtig „frei machen“ kann sich davon leider quasi niemand. Werbemacher*innen wollen das nur leider meist auch nicht. Zu ihrer Ausbildung gehört in den ersten paar Jahren offenbar das gebetsmühlenartige Wiederholen des Leitspruchs „sex sells“, „sex sells“, „sex sells”! Er wird zu ihrem Lebensmotto werden. Er muss sich so tief eingraben, dass niemals irgendjemand wagt, dieses Credo infrage zu stellen. Niemals. Denn dieser Leitspruch entspricht unserer patriarchalen und kapitalistischen Verwertungslogik. Sex ist hier nicht nur als unmissverständliche sexuelle Anspielung – viel nackte Haut, eindeutig zweideutige Werbeslogans etc. – zu verstehen, sondern auch als Sex im Sinne des biologischen Geschlechts und den sozial konstruierten Erwartungen daran. Die Normerfüllung der binären Geschlechterstereotype ist, was sich verkauft. Kein Wunder also, dass uns in der bunten achso modernen Werbewelt so viele Hausfrauen und Geschäftsmänner begegnen.

Was ist daran modern und innovativ?
Werbung wird aus der Perspektive potentieller Kund*innen gedacht. Am besten aus der Perspektive finanziell potenter Käufer*innen. Ich mache das jetzt mal kurz, dann kann ich mir auch ein paar Silben und Sternchen sparen: Männlich, weiß, hetero, das ist der potente Käufer. Ach ja, reich – reich, das ist auch gut. Das ist konservativ, sexistisch, klassistisch, rassistisch – diskriminierend auf so vielen Ebenen, dass ich nichtmal beanspruchen kann, fähig zu sein, sie alle wahrzunehmen und benennen zu können. So lange unsere Gesellschaft hinnimmt, dass Werbung so eingesetzt werden darf und sich niemand dagegen auflehnt, werden hier nicht nur weiterhin viele Menschen ausgeschlossen, sondern wir nehmen auch hin, dass diskriminierende Gewaltverhältnisse fortgeschrieben werden.

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Vorgehen gegen sexistische und frauenfeindliche Werbung
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lässt sich ein Rückgang an Plakatwerbungen beobachten, die sexistische Stereotype, die Frauen und Mädchen in unverhohlen reduzierender Weise darstellen. Grund dafür ist, dass es hier eine Arbeitsgruppe gibt, die sich seit Januar 2014 dafür stark macht, „[g]egen sexistische und diskriminierende Werbung“ vorzugehen. Beteiligt waren die Frauenbeauftragte des Bezirks Petra Koch-Knöbel (SPD) sowie Bezirksverordnete der Grünen, der Linken, der Piraten und der SPD ebenso wie Expert*innen aus (Frauen*-)Projekten und - Organisationen (wie Terre des Femmes, AHGATA, Frauennachtcafé Wildwasser). Zentrales Ergebnis war zunächst ein Kriterienkatalog, um insbesondere frauenfeindliches Bildmaterial zu erkennen. Hilfreich an diesem Kriterienkatalog ist, dass auch möglicherweise nicht komplett plakative und stumpfe Werbeformate identifiziert werden können, sondern auch Bild- und Textmaterial, das auf subversivere Art sexistische Stereotype reproduziert. Zudem wurden auch Kriterien zur Erkennung rassistischer Stereotype formuliert (zum Kriterienkatalog). Aus der Arbeitsgruppe wurde eine sechsköpfige Jury benannt, die Werbung anhand des Kriterienkatalogs als sexistisch diskriminierend einstufen und für die bezirkseigenen Werbeflächen auch verbieten kann, das ist seit April 2015 amtlich. Bürger*innen können sich zudem mit Beschwerden zu Außenwerbung an diese Gruppe wenden. Wenngleich das verabschiedete Gesetz nur die bezirkseigenen Werbeflächen betrifft, tritt die Gruppe auch mit privaten Trägern in Kontakt, um sie auf den diskriminierenden Inhalt ihres Werbeformats hinzuweisen. Manchmal mit Erfolg. Zum Antrag der Arbeitsgruppe in Kreuzberg sagte Julia Busse, Chefin des Werberats:

„Die Werbung könne sich auf das Recht auf Meinungsfreiheit berufen. Und sie halte nichts von Zensur, wie es der fraktionsübergreifende Antrag ‚Keine sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Außenwerbung in Friedrichshain-Kreuzberg’ vorsehe.“

 Der bekannte Anti-Feminist Harald Martenstein sieht die Anstrengungen gegen sexistische und frauenfeindliche Werbung als freiheitseinschränkendes „Verbot einer schönen Sache“, ärgert sich darüber, dass Männer nicht vor angeblichem Sexismus geschützt würden:

„[d]ie Frau dagegen brauche angeblich Naturschutz-gesetze, ähnlich wie die Pandabären […]. Das Bezirksamt Kreuzberg stigmatisiert Frauen als schwache Menschen und müsste, nach seinen eigenen Kriterien, verboten werden“

setzt er noch einen drauf. Aha, super Argumentation, vielen Dank! Übrigens kümmert sich die Arbeitsgruppe auch um Werbung, die Männer* in diskriminierender Weise darstellt. So heißt es in ihrer Definition sexistischer Werbung: „Nicht nur Frauen sind durch Werbung von Sexismus und Diskriminierung betroffen. Deshalb wird […] von Personen und Personengruppen gesprochen, die erwachsene Menschen jeder sexuellen Identität und Orientierung sowie Kinder einschließt. Die zusätzliche Nennung von Frauen trägt der Tatsache Rechnung, dass überwiegend Frauen zum Zweck der sexistischen Werbung ausgenutzt werden.“

Wo Berlin nun rot-rot- grün regiert wird, können wir wieder mehr auf Einschränkung von sexistischer und anderweitig diskriminierender Werbung hoffen. Initiativen wie die Quartiermeiter*in können hier Denkprozesse anregen, die wir dringend brauchen.

Autorin:
Johanna Warth ist Politikwissenschaftlerin, lebt in Berlin und arbeitet im Bereich Geschlechter- und Queerpolitik bzw. Antidiskriminierung. Privat bloggt sie unter anderem bei „Grün ist Lila“ zu feministischen Themen, vor allem zu sexualisierter Gewalt und sexueller Selbstbestimmung. Diese ist ihr ein Herzensanliegen, weshalb sie Mitglied im Koordinierungskreis im „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ ist.

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11 Jul / #werbung

Der deutsche Werberat - Vertrauen ist gut, Selbstkontrolle ist schlechter!

Sexismus in der (Bier)werbung ist doch sooo 90er! Oder? Während sich der aktuelle Diskurs vor allem um böse, böse Werbeverbote und die Frage dreht, ob wir angesichts von Terror, Trump und der Türkei nicht wichtigere Probleme zu lösen hätten, als das bisschen nackter Haut auf deutschen Werbeflächen, schwelgt die Werbeagentur HDW auf ihrer Webseite auch heute noch in schönen Erinnerungen an die „tollen Werbeplakate“ rund um die Jahrtausendwende für die Biermarke Karlsberg UrPils. Die Motive, wie bspw. die Abhol-Magd, dienen laut der Werbetreibenden aus Saarbrücken noch heute als Beispiele „kreativer Plakatwerbung“.

Doch was kann eigentlich eine Person tun, die diese Meinung nicht teilt und in
spärlich bekleideten und dazu umso üppiger ausgestatteten Frauenkörpern
auf Werbeanzeigen keinen Ausdruck von Kreativität sieht, sondern vielmehr
ausgeprägten Sexismus und die Reduzierung auf Körperlichkeit? An wen
können sich diese prüden und humorlosen Gutmenschen wenden, wenn sie
sich von einer Werbebotschaft mal wieder herabgesetzt oder angegriffen
fühlen? Gibt es vielleicht eine neutrale Instanz, die über die Umtriebe der
Werbewirtschaft wacht und gegen geschmacklose und verletzende Inhalte
vorgeht?

Die Antwort auf diese Frage lautet: Jein. Der Deutsche Werberat agiert seit
1972 als „Selbstkontrollorgan der Werbewirtschaft“. Sein ausgewiesenes Ziel
ist es, „verantwortungsbewusstes Handeln im Bereich der Werbung zu fördern,
sowie Missstände festzustellen und zu beseitigen.“ Verbaucher*innen können
sich mit einer Beschwerde an das Gremium wenden, welches im Anschluss in
einem festgelegten Verfahren über die beanstandente Werbebotschaft und
etwaige Maßnahmen richtet. Das klingt ja erstmal ganz gut, doch leider zeigen
sich bei näherer Betrachtung gleich mehrere Probleme bei der Arbeit des
Werberats.

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Zusammensetzung
Wie bereits in der oben genannten Selbstdefinition angedeutet, setzt sich der
Werberat ausschließlich aus Vertreter*innen der Werbebranche zusammen.
Dabei werden in der 15-köpfigen Runde die verschiedenen Bereiche werbende Wirtschaft, Medien, Agenturen, Werbeberufe und Marktforschung berücksichtigt, nicht allerdings die Parität der Geschlechter. Nach öffentlicher Kritik durch feministische Organisationen und Aktivist*innen hat sich die Anzahl der Frauen im Entscheidungsgremium mittlerweile zwar auf sechs erhöht, nichtsdestotrotz stünde dem Gremium eine ausgeglichene Verteilung der Geschlechter sicherlich besser zu Gesicht und würde dessen Glaubwürdigkeit gerade bei Entscheidungen rund um geschlechtsspezifische Diskriminierung erhöhen. Desweiteren bleibt natürlich auch die Frage offen, wie neutral und unbefangen Personen über kritische Werbeinhalte entscheiden sollen, die in diesem Metier ihr Geld verdienen und als Führungskräfte branchenintern sicherlich bestens vernetzt sind.

Arbeitsgrundsätze und Verhaltensregeln
Sieht man sich die vom Werberat aufgestellten Verhaltensregeln für
Werbetreibende einmal an, wirken diese im Bereich der Geschlechtsdiskriminierung auf den ersten Blick durchaus schlüssig und
angemessen. So widmen sich im Bereich zur „Herabwürdigung und
Diskiminierung“ gleich drei Absätze explizit dem, Problem des Sexismus. Es
heißt dort:

„In der kommerziellen Werbung dürfen deshalb vor allem keine Aussagen oder Darstellungen verwendet werden, (…) die den Eindruck erwecken, Personen seien käuflich zu erwerben, oder die Personen mit Objekten gleichsetzen; die Personen auf ihre Sexualität reduzieren oder ihre sexuelle Verfügbarkeit nahelegen; die mit übertrieben herausgestellter Nacktheit eine Herabwürdigung des Geschlechts vermitteln (…)“

Doch ein gravierendes Problem der Entscheidungspolitik des Werberats zeigt
sich in dem Konsument*innen-Leitbild des Gremiums, welches sich am
„durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers“ orientiert. Diese
Definition aber lässt vollkommen außer Acht, dass gerade auch Kinder und
Jugendliche diskriminierende und sexistische Werbeinhalte zu Gesicht
bekommen, diese aber im Gegensatz zu Erwachsenen nicht in einen etwaig
vorhandenen Kontext einordnen können. Für die große Mehrheit der Kinder
und Jugendlichen existiert keine „Ironie“, sie können keine Referenz zum
„Lebensstil der 1980er Jahre“ ziehen und verstehen auch sexuelle
Anspielungen und Doppeldeutigkeiten kaum. Was die jungen Menschen dafür
sehen und im schlimmsten Fall in ihr Wissen und Weltbild aufnehmen, ist die
Herabsetzung eines Geschlechts unter das andere sowie die Reduzierung von
Menschen auf ihren Körper. An dieser Stelle fordern Initiativen wie Pinkstinks
schon seit langem eine Nachbesserung des Werberats, endlich auch die
Perspektive von Minderjährigen in ihre Entscheidungspraxis mit einzubeziehen.

Sanktionsgewalt
Erreicht den Werberat eine Beschwerde über unangemessen Werbeinhalte,
geht dieser wie folgt vor:

„Nach Eingang einer Beschwerde, die nicht von vornherein unbegründet ist, erhält das von der Kritik betroffene Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme. Überzeugt diese Darstellung nicht und wird die Werbemaßnahme weiterhin unverändert geschaltet, so entscheidet das Gremium. Stimmt der Werberat mehrheitlich für eine Beanstandung, unterrichtet er das Unternehmen und fordert zur Änderung oder Einstellung der betroffenen Werbung auf. Geschieht dies nicht, wird das Unternehmen öffentlich für die Werbeaktivität gerügt.“

Wir halten also fest: Der Werberat gibt dem Unternehmen die Möglichkeit, sich zu erklären, berät bei Uneinsichtigkeit in den eigenen Reihen und spricht bei
Beanstandung der Werbung eine Rüge aus. Soweit, so gut. Interessant ist, was wir in diesem Verfahren eben NICHT erkennen können: Maßnahmen mit ernsten Konsequenzen für die Werbetreibenden oder gar eine Entscheidungsgewalt zum Verbot von beanstandeten Inhalten. Das Aussprechen einer öffentlichen Rüge hindert (wie Pinkstinks bereits in einem Blogeintrag dargelegt hat) viele Unternehmen nicht daran, ihre Werbebotschaften weiterhin zu verbreiten, im Gegenteil sehen einige Werbetreibende in dem Verfahren vielleicht sogar eine willkommene PR-Plattform, mit dem sich die Reichweite der Werbebotschaften sogar noch steigern lässt.

Die Notwendigkeit eines Gremiums zur Sichtung und Beurteilung von Werbung ist auch im Jahr 2017 nicht zu bestreiten. Doch um Neutralität und Unabhängigkeit zu gewährleisten, müsste ein solches Gremium zwingend aus externen Expert*innen zu Werbewirkung & Diskriminierungsformen bestehen, anstatt sich aus der Werbewirtschaft selbst zu speisen. Die eingangs erwähnte Biermarke Karlsberg Urpils firmiert auch 2017 noch als das „Pils für echte Männer“ und spendierte zum Beispiel vor wenigen Wochen gemeinsam mit der Saarland-Ausgabe der BILDZeitung zum unsäglich patriarchalischen Herrentag allen „Herren der Schöpfung“ einen Coupon für ein Gratis-Pils. Geschäftsführer dieses Unternehmens ist übrigens ein gewisser Herr Dr. Hans-Georg Eils, nebenbei auch eines der 15 Mitglieder des derzeitigen Entscheidungsgremiums des Deutschen Werberats.

Autor: Patrick Grünhag

Patrick Grünhag lebt in Berlin und studiert dort Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. Er setzt sich bereits seit einiger Zeit leidenschaftlich gegen sexistische Werbung sowie diskriminierende Rollenklischees ein und hat dabei unter anderem einen Workshop entwickelt, der auf anschauliche und unterhaltsame Weise die Problematik solcher Werbebotschaften vermitteln soll. (https://prezi.com/nb1ilvzft6qx/sexismus-in-der-werbung/) Mit der Protest-Organisation "Pinkstinks” steht er in engem Austausch, denn gerade der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexistischen Rollenbildern liegt ihm als frischgebackenem Vater sehr am Herzen.

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